BFH - Urteil vom 6.11.2019 - II R 29/16

(Vorinstanz: FG Baden-Württemberg - Urteil vom 25.3.2015 - 11 K 448/11)

In dieser am 20.5.2020 veröffentlichten Entscheidung hat der für das Erbschaftssteuerrecht zuständige II. Senat des Bundesfinanzhofes entschieden, dass der Erbe Kosten für einen Zivilprozess, in dem der Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörige Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, als sog. "Nachlassregelungskosten" vom Erwerb von Todes wegen abzugsfähig sind.

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte der Erblasser seine Prozellansammlung 1995 zu Lebzeiten einem städtischen Museum geschenkt. Nach seinem Tod forderten die Erben von der Stadt die Rückgabe der Sammlung mit der Begründung, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Schenkung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Die Klage und die eingelegten Rechtsmittel blieben jedoch erfolglos und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie machten daher die Kosten bei der Erbschaftssteuer als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd geltend. Weil dies vom Finanzamt jedoch abgelehnt wurde, zogen die Erben vor das Finanzgericht und hatten damit vor dem Bundesfinanzhof letztlich Erfolg.

Der BFH begründete seine Entscheidung mit § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG). Danach sind als Nachlassverbindlichkeiten u. a. Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbes entstehen. Zu diesen Ausgaben können auch Kosten zählen, die der Erbe durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers zu tragen hat. Die Kosten müssen in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses anfallen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG). § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG steht dem Abzug der Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeiten nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschsftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. Die Vorschrift gilt jedoch nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten und ist deshalb nicht auf Nachlassregelungskosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG anwendbar.

Nicht abzugsfähig sollen nach der vorliegenden Entscheidung des BFH aber solche Prozesskosten sein, die dem Erben entstanden sind, weil er Schadenersatz wegen verspäteter Räumung und Herazsgabe einer geerbten Wohnung vom Mieter verlangt hat. Bei diesen Ausgaben handelt es sich um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwaltung (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG).       

Quelle: www.bundesfinanzhof.de - Pressemitteilung vom 28.5.2020 

Fazit:

Die vorliegende Entscheidung des Bundesfinanzhofes kann aus Sicht der steuerpflichtigen Erben nur als erbschaftssteuerliche Wohltat bezeichnet werden, Insbesondere bei streitbefangenen Nachlassangelegenheiten kann es bei entsprechender Werthaltigkeit zu erheblichem Aufwand für Gerichts- und Anwaltskosten kommen, welcher im Falle des Unterliegens beim Zivilgericht unter den vom BFH vorgegebenen Voraussetzungen dann immerhin als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd abzugsfähig gegenüber dem für die Erbschaftssteuer zuständigen Finanzamt geltend gemacht werden kann. 

CG, 3.6.2020